Die N8 und die Dhünnaue...

Ende 1989 kam ein Journalist vom WDR auf mich zu und löcherte mich zur Altlast Dhünnaue. Das hatten vorher auch schon viele Journalisten gemacht, doch dieser Mann stellte andere Fragen. Er stellte die richtigen Fragen. Gefüttert  mit Massen an Informationen von mir erstellte er eine beeindruckende Reportage, die Anfang 1990 im WDR unter dem Format "Die Montagsreportage" lief. Der Titel des Film ist Programm: "Die Stadt, das Gift und der Bayer-Konzern" hat der Journalist ihn genannt, er wusste warum. Dieser Film hat bei der Stadt Leverkusen und bei Bayer wirklich Eindruck hinterlassen. Lange war der Film verschollen, auch im WDR-Archiv nicht mehr aufzufinden. Jetzt habe ich diesen Film wieder bekommen. Schaut ihn euch an, es lohnt sich, versprochen...

 

Na, zuviel versprochen? Eher nicht. Die Stadt hat damals nach der Ausstrahlung dieser Reportage, die sie übrigens auch versucht hatte, noch zu verhindern, ihre Rechtsabteilung auf den Film angesetzt. Es ging darum, eine Klage gegen den WDR zu prüfen. Sagenhafte 40 inhaltliche Fehler haben die kompetenten Juristen in dem 30-Minütigen Film gefunden. Für eine Klage sicherlich genug. Doch Denkste, nichts ist passiert, denn da war ein Journalist am Werk, der wirklich wusste, wie so etwas geht.

 

Zur Zeit der Ausstrahlung des Films war das alltägliche Leben in der N8 noch easy, die Dhünnaue war ja weit weg. Dachten wir, doch dann begannen wir zu recherchieren.

 

In der Tat: Die Altlast Dhünnaue und die N8 lebten damals in einem echten Spannungsfeld. Maßgeblich war die N8 daran beteiligt, die Dhünnaue-Süd aufzudecken. Die Wiese hinter dem Haus - im Besitz von Bayer und von uns eifrig genutzt - hatte damit auch seine Unschuld verloren. Wie viele schöne Jahre haben wir dort gechillt unter dem Birnbaum. Vorbei.

Schaut euch einmal die folgenden Bilder an. Diese wurden mir von einem Mitarbeiter der Landschaftsgärntnerei überlassen, die damals Ende der sechziger Jahre den Auftrag hatte, die Freiflächen im Bereich des Autobahngewimmels am Rhein (Spaghettiknoten) zu begrünen. Dieses ist dieser Firma bedauerlicherweise nicht gelungen, alle Setzlinge sind sofort eingegangen. Der Mitarbeiter bemerkte auch bei bestimmten Windverhältnissen einen bestialischen Gestank. Einmal ging er dem Wind entgegegn und fand diese Situation  als Quelle des Gestanks vor:

 

Und auf dem folgenden Luftbild aus der Mitte der sechziger Jahre, zur Zeit des Baus der Autobahnbrücke und des Spaghettiknotens, könnt ihr den Ort dieses rabenschwarzen Sees mitten auf der Dhünnaue sehen. Es ist das schwarze Dreieck am rechten Rand des Bildes da wo der gelbe Pfeil draufzeigt:

Solche Bilder zeigen schonungslos, wie massiv Bayer all die Jahre seinen Giftmüll hemmungslos einfach entlang des Rheins abgeschüttet hat. Auf dem Bild ist auch das Gelände zu erkennen, auf dem die Tagesheimschule Adolfsstrasse und das Montessori-Kinderhaus errichtet wurden. Es ist das Gelände hinter dem schwarzen Rechteck auf der rechten Seite der Autobahnkurve, oberhalb des schwarzen Sees. Und dort trug sich ein Drama der besonderen Art zu: 15 Lehrkräfte und Schüler erkrankten dort an Krebs.

Cool behauptete die Stadt Leverkusen, das es da "kein Zusammenhang zum Altlastenproblem" gibt:

Das Lehrerkollektiv machte Pressealarm: Ihnen war der Standort Adolfsstrasse nicht mehr geheuer:

Irgendwie wurde der Druck auf die Stadt wohl doch zu groß. Von einem Tag auf dem anderen fiel sie um:

 

Da hagelt es natürlich wieder einmal Leserbriefe. Hier einer davon:

Das ht mich geärgert, deshalb schrieb ich auch einen Leserbrief. Schließlich hatte meine Tochter Carla, die in das Montessori-Kinderhaus an der Adolfsstrasse ging, ständig Bronchitis!

Und jetzt wird es häßlich: Nach diesem Leserbrief bekam ich Postkarten zugeschickt von Wiesdorfer Bürgern. Natürlich anonym, also feige. Auf diesen hübschen Postkarten wurde mir vorgeworfen, ich selber hätte den bunten Chemiemüll selber dort verbuddelt. Dort wurde ich wüst als der "Spinner von Wiesdorf" beschimpft:

Nach dieser Riesenaufregung regte sich auch der Landtag NRW. Die damalige Landtagsabgeordnete der Grünen, Marianne Hürten, forderte eine Oberaufsicht über die Dhünnaue:

Nun war die Dhünnaue ein Thema auf Landesebene. Und so etwas ist auch für den Spiegel interessant. Er veröffentlichte im Frühjahr 1992 eine Story über die Dhünnaue unter dem Titel "Bitterfeld am Rhein". So schaffte die Dhünnaue es auch in die Tagesschau und auf die Titelseite des Express. Und das an einem Sonntag:

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